Arbeitsunfähigkeit: Atteste dürfen vom Arbeitgeber abgelehnt werden
Arbeitnehmer sind zur Vorlage eines ärztlichen Attests verpflichtet, wenn sie länger als drei Tage ununterbrochen krank sind. Der durch einen Mediziner ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt aus rechtlicher Sicht ein hoher Beweiswert zu. Können Sie Tatsachen nachweisen, die ernsthafte und begründete Zweifel an der Krankheit Ihres Mitarbeiters aufkommen lassen, dürfen Sie ein für diesen Zeitraum geltendes Attest jedoch ablehnen.
Zurückweisung der Bescheinigung
Richter gehen grundsätzlich von der Richtigkeit ärztlicher Atteste aus. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie jede Ihnen vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hinnehmen müssen: Haben Sie einen begründeten Verdacht, dass die Krankheit Ihres Arbeitnehmers lediglich vorgetäuscht wird und es sich bei der Krankschreibung lediglich um eine sogenannte Gefälligkeitsbescheinigung handelt, sind Sie zur Zurückweisung des entsprechenden Attests berechtigt. Um die Beweiskraft der durch den Arzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, bedarf es allerdings stichhaltiger Nachweise. Zweifel, die lediglich auf einem Bauchgefühl basieren, reichen zur Ergreifung arbeitsrechtlicher Konsequenzen nicht aus.
Verdacht auf Täuschung
Es gibt verschiedene Situationen, die berechtigte Zweifel an der Erkrankung eines Mitarbeiters aufkommen lassen. Hierzu zählt zum Beispiel die Missachtung der Aufforderung des Arbeitnehmers, sich einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst zu unterziehen. Auch die Ankündigung des Krankfeierns nach einem Streit oder einer Urlaubssperre für einen bestimmten Termin wirkt sich negativ auf die Glaubwürdigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus. Geht der Arbeitnehmer während seiner vermeintlichen Krankheit nachweislich einer Tätigkeit nach, die von einer arbeitsunfähigen Person regelmäßig nicht erwartet wird, drängt sich der Verdacht auf eine Täuschung ebenfalls auf. Gleiches gilt, wenn der betreffende Mitarbeiter sich immer dann krank meldet, wenn der Urlaub gerade ansteht oder soeben beendet wurde. Darüber hinaus kann auch das Attest selbst Fragen aufwerfen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es sich um eine rückwirkende Krankschreibung von mehr als drei Tagen handelt oder eine Untersuchung des Patienten gar nicht erst stattgefunden hat.
Auswirkungen der Ablehnung
Können Sie Ihrem Mitarbeiter nachweisen, dass er seine Erkrankung vorsätzlich vorgetäuscht hat, haben Sie das Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung. Zur Ergreifung dieser Maßnahme reicht ein bloßer Verdacht nicht aus. Vielmehr liegt es an Ihnen, stichhaltige Indizien für eine zu Unrecht ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu sammeln. Das ist allerdings gar nicht so leicht. Um einen vermeintlich krankfeiernden Mitarbeiter zu überführen, können Sie prüfende Krankenbesuche durchführen oder sich durch eigene Recherchen Informationen beschaffen. Die Erfolgsaussichten sind durchwachsen: Zur Erteilung einer Auskunft über seine Erkrankung ist Ihr Arbeitnehmer zum Schutz seiner Privatsphäre nicht verpflichtet. Wenn er nicht möchte, muss er überhaupt nicht mit Ihnen sprechen. Hilfestellung bietet der medizinische Dienst der gesetzlichen Krankenkassen. Der erstellt bei Bedarf ein Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters, verwendet zur Befragung allerdings standardisierte Checklisten. Diese machen es Ihrem Angestellten leicht, das Bild zu seinen Gunsten zu wenden. Geht nach Auffassung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen schon aus der Diagnostik des behandelnden Mediziners eine eindeutige Erkrankung des Mitarbeiters hervor, wird ein Gutachten gar nicht erst angefertigt.
Eine weitere Option ist die Beauftragung einer professionellen Detektei. Deren Mitarbeiter sind mit allen rechtlichen Vorgaben vertraut und achten bei der Durchführung ihres Jobs auf die Einhaltung der Persönlichkeitsrechte Ihres Arbeitnehmers. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die gesammelten Beweise vor Gericht überhaupt zugelassen werden. Die Konsultierung eines Detektivs ist nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg nur dann zulässig, wenn ein begründeter Verdacht auf die Ausübung einer Straftat vorliegt. Dies ist beim Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit regelmäßig der Fall, da eine Lohnfortzahlung erschlichen wird.
Grenzen der Informationsbeschaffung
Hegen Sie den Verdacht, dass Ihr Arbeitnehmer seine Krankheit lediglich vortäuscht, dürfen Sie ihm durchaus nachfahren oder in sozialen Netzwerken wie einer öffentlichen Facebook-Seite nach Beweisen suchen. Fragwürdig sind aus datenschutzrechtlicher Sicht private Einträge. Eine ständige Überwachung per Video ist nicht zulässig; der Eingriff in die Privatsphäre ist wie beim Betreten eines Privatgrundstücks oder einem Blick durch die Fenster zu hoch.